
Unser Leseinsel-Projekt:
Die Sprach- und Lese- und Rechtschreibkompetenz ist eine kulturelle Schlüsselqualifikation. Sie ist Voraussetzung für die persönliche Entwicklung und die kulturelle Teilhabe. Viele Kinder haben jedoch Probleme beim Lesen und Schreiben. Die Gründe dafür sind vielfältig. Beispielsweise können Sprachbarrieren, soziale oder sonstige geistige oder körperliche Beeinträchtigungen vorliegen, die den Erwerb der Lesekompetenz erschweren. Aus eigener Erfahrung mit Menschen mit Trisomie 21 (Down Syndrom), wissen wir, wie erfolgreich die außerschulische Förderung hier sein kann. Aus unseren Gesprächen mit Schulen und Trägern der Jugendhilfe wurde deutlich, dass dieser Förderbedarf durch die Corona-Pandemie stark angestiegen ist.
Es gibt Programme zum Lesenlernen, bei denen in Kombination mit Lautgebärden nach F. J. Koch, den „Koch´schen Fingerzeichen“, jedem Laut eines Buchstabens eine Lautgebärde zugeordnet wird. Während der Laut gesprochen wird, werden die Fingerzeichen als Gesten vor dem Gesicht gebildet. Die Methode baut auf der neurowissenschaftlichen Erkenntnis, dass sich Gelerntes besser im Gedächtnis verfestigt, wenn es parallel in mehreren Gedächtnisbereichen abgelegt und miteinander verknüpft wird, sowie wenn mehrere Sinneskanäle angesprochen werden. Bekannt ist die Rabanus-Methode® der „Hasenschule“ aus Wuppertal, nach der im deutschsprachigen Raum viele sogenannte Lesenester® entstanden sind.
Im Jahr 2016 sind in Ostfriesland, im Landkreis Aurich, eigene Materialien zur Leseförderung auf der Grundlage der Koch´schen Fingerzeichen entwickelt worden. In Norddeutschland wird in etwa 50 Leseinseln die Lesekompetenz gefördert. Dort werden auch regelmäßig Aus- und Fortbildungen durchgeführt, sowie die Blöcke mit Arbeitsblättern entwickelt und vertrieben. Aus Gründen der Kostenoptimierung haben auch wir uns für das Konzept der Leseinseln entschieden.
Unsere Zielgruppe sind in erster Linie Kinder mit und ohne Behinderung im Grundschulalter. Denkbar ist aber auch eine Förderung im Vorschulbereich.
Auf unserer Leseinsel können die Kinder ihre Lesekompetenz, in kleinen Gruppen – möglichst in 1 zu 1 Konstellationen, in ihrem eigenen Tempo erarbeiten. Sie lesen mit Hilfe der Koch´schen Fingerzeichen, erste kleine Silbenverbindungen, Worte und kurze, lautgetreue Sätze mit dem Ziel, Texte sich lesend zu erarbeiten und den Sinn des Gelesenen zu verstehen.
Neben der Lesekompetenz wird die Rechtschreibung mit in das Konzept einbezogen. Wir ermutigen die Kinder zum Lesen und stehen ihnen während ihrer Zeit auf der Leseinsel helfend zur Seite.
Diese Entwicklung ihres Potenzials hat einen positiven Effekt auf die Konzentrationsfähigkeit, die Feinmotorik, die sozial-emotionalen Kompetenz, die Frustrationstoleranz usw.
Geografisch sind wir ansässig an der Grenze zwischen Mönchengladbach und dem Rhein-Kreis-Neuss. Auf diese Region wird sich das Angebot vorerst konzentrieren. Erste Vernetzungen mit den Schulen der Primarstufe, ortsansässigen Trägern der Jugendhilfe, sowie dem Jugendamt haben bereits stattgefunden.
Die Leseförderung könnte als Angebot in den Räumen der Schule stattfinden. Wir haben uns aber bewusst dafür entschieden, das Programm auch außerhalb des Schulgebäudes anzubieten, da oftmals negative Assoziationen mit der Instanz Schule verbunden sind.
Anfang 2022 hat die Probephase begonnen, in der wir durch Spenden und ehrenamtlicher Eigenleistung, erste Qualifizierungen von „Lesehelfern“ und, zur Evaluierung unseres Konzepts, schon erste Leseförderungen durchgeführt haben. Die Rückmeldungen dazu aus der Schule sind durchweg sehr positiv. Beginnen werden wir im dritten Quartal 2022 mit dem regelmäßigen Betrieb der Leseinsel am Standort Jüchen (Hochneukirch).
Unsere Projektleiterin hat als ausgebildete Therapeutin für sensomotorische Integration sowie Psychomotorik, langjährige berufliche Erfahrung in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. An der Hasenschule-Akademie in Wuppertal hat sie nach der Rabanus-Methode® den Qualifikationslehrgang zur Betriebsaufnahme eines Lesenests® abgeschlossen und das Konzept bereits erfolgreich in Lerngruppen von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung, sowie im Offenen Ganztag angewendet. Weitere Qualifizierungen haben in Aurich zum Modell der Leseinseln stattgefunden.
Regelmäßige Aus- und Fortbildungen, sowie Supervisionen sind Teil unseres Konzepts. Mindestens einmal im Jahr findet ein Erfahrungsaustausch mit den Konzeptentwicklern der Leseinseln in Aurich statt.
Als Nonprofit-Organisation arbeiten wir in erster Linie ehrenamtlich. Wir möchten ein niederschwelliges inklusives Angebot bieten, welches auch Menschen mit und ohne Behinderung zur Verfügung steht, die sich eine kommerziell betriebene Nachhilfe nicht leisten können.